Achtsam durch 2023 – Teil 2
Anfang letzten Jahres hatte ich einen Blogpost darüber verfasst, dass ich 2022 noch achtsamer und noch bewusster als die Jahre zuvor wahrnehmen wollte. Tja, daraus wurde leider nichts. Deshalb probiere ich es dieses Jahr nochmal mit dieser Achtsamkeit und starte hiermit nun Teil 2 der Achtsamkeits-Saga. But guess what: bisher läuft es … gar nicht.
Statt dieses Bewusstsein für den Moment noch mehr in meinen Alltag zu integrieren, habe ich den ganzen Achtsamkeitskram 2022 ein bisschen mehr aus den Augen verloren als mir recht war. Aufgrund vieler beruflicher und privater Herausforderungen konnte ich meine Gedanken leider oft nicht ausreichend ordnen und habe sehr viel mehr Zeit in meinem Kopf verbracht, als in der Wahrnehmung meines Lebens. Echt traurig! Und etwas, das sich schleunigst wieder ändern musste, wie ich Mitte des Jahres festgestellt habe! Doch um mein Mindset ändern zu können, fühlte es sich für mich auch notwendig an, meine Umstände zu ändern und meinen Alltag erstmal neu zu strukturieren.
Zu dieser Veränderung gehörte im Herbst 2022 vor allem mein Jobwechsel, denn im alten Arbeitsumfeld hatte ich einfach keinerlei Freiraum für Weiterentwicklung. Stattdessen fühlte ich mich gefangen im Hamsterrad und habe es selbst nach der Arbeit nicht mehr geschafft, den Bürostress im Büro zu lassen. Ich habe so viel mentalen Müll mit nach Hause gebracht und gemerkt, dass diese ständige Unzufriedenheit nicht nur mich, sondern auch meine Beziehung belastet.
Doch mit großen Veränderungen, neuen Verantwortungen, neuem Arbeitsumfeld, täglich deutlich längerem Arbeitsweg und diversen anderen Umständen ließ mein innerer Druck leider nicht wie erhofft nach, sondern wurde zunächst deutlich größer. In manchen Momenten der letzten Monate fühlte ich mich, als würde ich mich zunehmend selbst verlieren. Statt endlich die lang herbeigesehnte Entschleunigung und Stabilität zu spüren, strömten so viele neue Eindrücke auf mich ein, dass ich weiterhin arge Probleme damit hatte, mich selbst und meine Gedanken zu sortieren. So ungern ich es mir selbst eingestehe: ich war von vielen Situationen und Aufgaben schlichtweg überfordert, fühlte mich nicht abgeholt und nicht ausreichend eingearbeitet. Nicht unbedingt das, was ich nach dem Stress der letzten Jahre gern fühlen wollte oder wofür ich noch sonderlich viel Energie übrig hatte.
Das Ding ist: ich mag meinen neuen Job. Ich mag die Kollegen, ich mag die Aufgaben, ich mag das Drumherum, ich mag sogar meinen Arbeitsweg. Aber: ich mache mir einfach selbst viel zu großen Druck! Gebe mir selbst nicht die Zeit und die Milde, die ich mir wünsche, weil ich ständig das Gefühl habe, dass von außen eine bestimmte Erwartungshaltung an mich besteht. Ich weiß tatsächlich nicht, wie ich das loslassen kann, wie ich mich selbst weniger stressen kann. Aber Einsicht ist ja bekanntlich der erste Schritt in Richtung Besserung.
Aktuell sehne ich mich einfach sehr stark nach ein bisschen mehr Ruhe – innen und außen – und persönlicher Reflexion. Dabei zerrinnt die Zeit gerade mehr denn je zwischen meinen Fingern und ich versuche noch immer händeringend, mir ein langsameres Leben zu erschaffen während sich die To-Do-Liste weiter füllt. Es macht mir ein bisschen Angst, dass der Kalender schon wieder bis August mit Terminen gefüllt ist. Ich bin gern unterwegs und liebes es, neue Dinge zu entdecken oder Zeit mit guten Freunden zu verbringen, aber dennoch merke ich gleichzeitig, wie jede soziale Aktivität und jedes weitere volle Wochenende gerade meiner introvertierten Persönlichkeit die Lebenskraft raussaugt.
Ich glaube, ich brauche einen Schlachtplan. Ich bin echt ein Planungsmensch, das habe ich vor allem im letzten Jahr mehr denn je gespürt. Aber bitte nicht zu viele Pläne! Bitte ein bisschen Flexibilität. Und nichts, was überfordert. Ich mag das Leben ja auch auf mich zukommen lassen. Also lieber die To-Do-Liste und den Kalender nicht weiter füllen – aber trotzdem einen Plan machen. Viele Pläne = Mist. Keine Pläne = auch Mist. Willkommen in meinem Gehirn.
Ich denke eindeutig zu viel. Und ich denke viel zu viel darüber nach, was andere über mich denken.
Und irgendwie habe ich es satt, so zu tun als wäre alles gut und als wäre jetzt alles besser. Vieles ist besser, ja. Aber vieles ist auch hart. Weiterhin. Oder auf eine ganz neue Weise. Und ich habe mich in den letzten Monaten oft dabei ertappt, wie ich in Gesprächen nur die positiven Erfahrungen geteilt habe. Irgendwie aus Scham. Weil ja immer erwartet wird, dass man neue Herausforderungen mit Bravour meistert, denn sonst würde es ja irgendwie automatisch bedeutet, dass man eine falsche Entscheidung getroffen und versagt hat. Oder vielleicht ist auch das wieder nur eine Erwartung, die ich an mich selbst habe. Dabei halte ich nichts von dem Konzept von ‚falschen‘ Entscheidungen. Denn bisher hat mich ausnahmslos jede Entscheidung im Leben vorangebracht, selbst wenn ich damit so richtig auf die Schnauze geflogen bin. Aber wie soll man auch vorher wissen, ob eine Entscheidung nun ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ ist? Gar nicht! Weiß man doch eh immer erst, nachdem man sie getroffen und die neue Erfahrung gemacht hat.
Ich bereue meine Entscheidung also keinesfalls – wieso sollte ich auch. Aber dennoch ist es für mich gerade nicht einfach. Ich merke deutlich, wie sich mein viel zu hohes Stresslevel auf meinen Körper auswirkt. Meine Rücken- und Nackenverspannungen werden von Tag zu Tag stärker und auch meine Termine bei der Physiotherapie Anfang des Jahres haben dem nicht ansatzweise entgegengewirkt. Manchmal mag ich einfach nur weinen, weil mir alles weh tut und ich mich zudem so ausgelaugt fühle. Dabei weiß ich genau, dass ich mir viel von dem ganzen Stress selbst mache – und ich glaube, dieses Bewusstsein macht es für mich noch schlimmer.
Ich habe mich schon in der Vergangenheit viel mit Persönlichkeitsentwicklung und auch mit Stress auseinandergesetzt und ich bin tatsächlich auch recht gut darin, problematische Dinge zu identifizieren und zumindest anderen Personen diesbezüglich Denkanstöße zu geben. Aber wenn es um mich selbst geht, dann versagt all mein Bewusstsein und ich falle nach wie vor häufig in alte Verhaltensmuster zurück, die ich seit Jahren versuche abzulegen. Ich weiß sogar, woher all das kommt. Und ich merke immer wieder, wenn es passiert. Aber schaffe ich es aktuell nicht, rechtzeitig die Bremse zu ziehen.
Und ich weiß, dass genau das der Knackpunkt ist und dass ich genau daran arbeiten möchte. Und ich weiß auch, dass Achtsamkeit das beste Tool für mich ist, das anzugehen. Dazu gehört, dass ich mir wieder bewusst Freiraum für die Dinge einräumen möchte, die ich liebe. Backen zum Beispiel. Das habe ich im letzten Jahr viel zu selten getan. Oder Acrylic Pouring. Blogposts tippen. Meine Webseite regelmäßig updaten. Neue Dinge ausprobieren und lernen. Seit Jahren mal wieder schwimmen gehen. Es gibt tausend kleine Dinge. Und ich weiß, dass es unrealistisch ist, alles sofort und gleichzeitig umzusetzen, aber ich möchte dennoch meine Freizeit wieder bewusster verbringen und nicht länger nach der Arbeit nur energielos auf dem Sofa liegen und am Handy scrollen. Denn obwohl es völlig okay ist, mal abzuschalten, hat dieses schnelllebige Scrollen für mich nichts mit Achtsamkeit zu tun. Es fühlt sich eher an als würde ich meine kostbare Lebenszeit vergeuden, dabei gibt es noch so viele Dinge, die ich gern erreichen möchte.
Spaziergänge (mit der Kamera) waren im letzten Jahr (und sind aktuell) das Einzige, was ich wirklich bewusst für mich selbst getan habe (und weiterhin tue) und ich merke jedes Mal, dass mir das zumindest ein Fünkchen Lebenskraft und Ruhe schenkt. Die Kamera ist für mich nach wie vor der beste Helfer, um meine Umwelt wahrzunehmen. Mein Auge sucht einfach automatisch nach Motiven und Lichtstimmungen, die ich festhalten kann und ich merke, wie mich das erdet und im Moment leben lässt. Deswegen wird auch die Fotografie weiterhin mein wichtigster Begleiter sein, wenn es um das Thema Achtsamkeit geht. Ich habe mir in der Vergangenheit schon häufig Challenges gesetzt, die mir dabei geholfen haben, das noch mehr in den Alltag zu integrieren. 2021 habe ich zum Beispiel (mal wieder) jeden Tag des Jahres ein Foto gemacht und geteilt. Und obwohl das unfassbar viel Arbeit war, hat es mein Bewusstsein und meine Kreativität unheimlich gefordert und gefördert.
Ich glaube nicht, dass es notwendig und für mich grad machbar ist, ein so großes Projekt zu starten, aber zumindest kann ich Aspekte davon wieder aufgreifen. Und weil ich gern Dinge zerdenke und Pläne mache und irgendwie leider nicht so spontan in der Umsetzung bin wie ich gern wäre, muss diese Idee erst kurz in mir reifen. Und wenn das geschehen ist, dann weiß ich hoffentlich genauer, wie ich das mit der Achtsamkeit dieses Jahr weiter angehen werde.